Selfpublishing – Wanderführer selbst schreiben und veröffentlichen

Selfpublishing – Wanderführer selbst schreiben und veröffentlichen

Du spielst mit dem Gedanken, selbst einen Wanderführer bzw. ein Outdoor-Guidebook zu schreiben und zu veröffentlichen? Gratuliere! Es erwarten dich viel Spaß und unzählige Abenteuer! Allerdings wirst du nicht nur herkömmliche Gipfel besteigen, sondern du stehst auch vor einem gewaltigen Berg an Arbeit.

Da ich mein Erlebnis-Outdoor-Guidebook „Wundriges Südtirol“ im Selbstverlag veröffentlicht habe, gebe ich dir gerne einige Tipps mit auf den Weg.

Am Beginn steht die Frage, WAS die Unterschiede zwischen dem Selfpublishing und der klassischen Variante der Buchveröffentlichung über einen Verlag sind.

1. Selfpublishing vs. Verlag

Am Anfang der konkreten Idee, einen Reise- bzw. Wanderführer zu schreiben, steht die Frage, WIE du diesen am Ende der Schreibarbeit in eine schöne Form, gedruckt und unter die Leute bekommst. Es ist unklug, mit dem Schreiben zu beginnen, ohne vorher einen Gesamtplan entwickelt zu haben.

Die einfachste und zugleich klassische Variante ist, das Buch zu schreiben und anschließend das Manuskript einem Verlag zu übergeben. Voraussetzung dafür ist, dass du einen Verlag findest, der bereit ist, das Manuskript in ein Buch zu verwandeln. Garantie dafür gibt es keine. Im Gegenteil – es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass das Manuskript keinen Abnehmer findet. Außerdem lassen renommierte Verlage wenig kreativen Spielraum. Das steht im krassen Gegensatz zu meinem Ideal eines Wanderführers, der von einem lockeren, unterhaltsamen und verspielten Schreibstil gekennzeichnet ist. Ein 0815-Wanderführer, der im Grunde aus einer Auflistung diverser Wanderrouten besteht, ist nicht mein Anspruch – und die gibt es schon zur Genüge.

Der größte Haken ist aber ein ganz anderer: der Verlagsvertrag.

Selfpublishing vs. Verlag

1.1. Der Verlagsvertrag

Wer einen Verlag findet, der bereit ist, das Manuskript zu veröffentlichen, schließt einen Verlagsvertrag ab. Der Vertrag sieht nicht nur den Verkauf des Buches vor, sondern der Autor räumt dem Verlag (für die Dauer des gesetzlichen Urheberrechtes) alle ausschließlichen Rechte der Vervielfältigung und Verbreitung des Werkers für alle Auflagen und Ausgaben ein. Sämtliche Ansprüche des Autors für das Text- und Bildmaterial sind, mittels vereinbartem Honorar, abgegolten. Mit anderen Worten: Der Autor verkauft all seine Rechte am Buch und kann über sein Werk nicht mehr verfügen. Als Gegenleistung erhält der Autor ein Honorar. Es gibt unterschiedliche Honorarberechnungen, die gängigste ist eine Mischung zwischen einem Fixhonorar und einem variablen Honorar ab einer gewissen verkauften Stückzahl.

1.2. Honorarangebote, die ich erhalten habe.

Konkrete Beispiele, die mir angeboten wurden:

  1. Ich erhalte 10 % des Buchladenpreises, wobei eine Mindestauflage von 3.000 Stück festgesetzt wird. Liegt der Buchladenpreis bei 24,90 Euro ergibt sich ein Mindesthonorar von 7.470 Euro (= 3.000 x 24,90 x 10 %). Werden weniger als 3.000 Exemplare verkauft, erhalte ich dieses Mindesthonorar; werden mehr verkauft erhalte ich für jedes weitere verkaufte Buch 10 %.
  2. Ich erhalte 6.000 Euro für die erste Auflage, die auf 4.000 Exemplare festgesetzt wird. Pro Buch also 1,5 Euro (= 6.000 : 4.000). Für alle weiteren Auflagen erhalte ich 3 % des Netto-Ladenpreises ohne Mehrwertsteuer. Die Höhe der weiteren Auflage bestimmt der Verlag. Da ich das Buch in Südtirol/Italien veröffentliche, fällt eine MwSt. von 4 % an. Der Netto-Ladenpreis liegt somit bei 23,94 Euro (= 24,90 : 1,04). Ab der zweiten Auflage liegt das Honorar pro Buch somit bei mickrigen 0,72 Euro (= 23,94 x 3 %).

Bei diesen Honoraren handelt es sich um Bruttohonorare. Es muss also noch die Einkommenssteuer abgezogen werden. In Südtirol bzw. Italien, wo ich lebe, ergibt sich folgende Steuerlast:

Vom Bruttohonorar wird ein pauschaler Spesenbeitrag in Höhe von 25 % abgezogen. Die Differenz ergibt die Steuergrundlage. Von dieser wird die Einkommensteuer abgezogen, die gestaffelt ist und somit von Person zu Person unterschiedlich ist. Im Durchschnitt kann mit einem Steuersatz von 38 % gerechnet werden. Das ergibt bei oben genannten konkreten Beispielen folgendes Nettohonorar:

  1. 7.470 Brutto = 5.341,05 Netto = 7.470 – [(7.470 x 75 %) x 38 %)]
  2. 6.000 Brutto = 4.290,00 Netto = 6.000 – [(6.000 x 75 %) x 38 %)]

Die Nettohonorare sehen zwar auf dem ersten Blick verlockend aus, sind aber erst aussagekräftig, sobald sie mit den „gearbeiteten“ Stunden verglichen werden. Mein Erlebnis-Outdoor-Guidebook „Wundriges Südtirol“ enthält 66 Tourenvorschläge. Die reine Recherche- und Schreibarbeit, das Umschreiben, das erneute Umschreiben, die Verzweiflung, der Geistesblitz und die definitive Fassung 😉 beträgt mindestens 8 Stunden pro Tour, das ergibt 528 Stunden, also 10,12 Euro (1) bzw. 8,13 Euro (2) pro Stunde.

Was ist noch nicht berücksichtigt?

Diese Touren müssen alle mehrmals begangen werden, nur so kann man den besten, schönsten und erlebnisreichsten Tourenvorschlag anbieten. Das ist zugegeben der wunderbare Teil dieser „Arbeit“, aber es gibt immer wieder Rückschläge, beispielweise vielversprechende Routen, die sich dann als Enttäuschung herausstellen und nicht für das Buch geeignet sind, oder schlechte Witterung, was zu nicht brauchbaren Fotos führt. Ich habe diese Stunden ganz bewusst nicht quantifiziert, da für mich jede Minute in der Natur ein Geschenk ist. Würde ich allerdings diese Stunden berücksichtigen, so käme beim Stundenlohn ein mickriger Betrag heraus.

Honorarangebote, die ich erhalten habe.

1.3. Vorteile der Verlagsveröffentlichung

Die Buchveröffentlichung über einen Verlag bringt auch Vorteile. In erster Linie kannst du dich auf den schönsten Teil der Buchherstellung konzentrieren, nämlich auf die Recherche und die Erkundung der Wanderrouten sowie auf die Schreibarbeit.

Kein Risiko!

Außerdem gehst du absolut kein wirtschaftliches Risiko ein. Der Verlag, der dir dein Manuskript abnimmt, zahlt dir ein Honorar und deine Arbeit ist somit abgeschlossen. Die Buchgestaltung, den Druck, den Vertrieb und eben auch das Risiko, dass das Buch ein Flop wird und keine Einnahmen generiert, übernimmt der Verlag.

1.4. Das Buch selbst verlegen

Das Buch selbst verlegen bedeutet im Grunde, dass du das Buch von A bis Z in Eigenregie erstellst. Recherche, Erkundung, Schreibarbeit, Buchgestaltung, Druck und Vertrieb fallen in deinen Aufgabenbereich. Da du wahrscheinlich, wie ich, kein Alleskönner bist, musst du auf externe Dienstleister zurückgreifen. Die haben ihren Preis. Das Dumme daran ist, dass die Ausgabenseite ermittelbar ist, während die Einnahmenseite nicht abschätzbar ist.

Kurz gesagt: Jeden Euro, den du ausgibst, birgt ein Risiko.

Verkauft sich das Buch schlecht, so bleibst du auf die investierten Gelder sitzen. Dieser Punkt hat mir persönlich ziemlich zu schaffen gemacht. Als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer kann ich mit Zahlen recht gut umgehen. Ich habe im Vorfeld einen Businessplan erstellt, der detailreicher nicht sein könnte. Während die Ausgaben durch Kostenvoranschläge und Fixpreise belegt waren, stand ich bei den geschätzten Einnahmen vor einem Dilemma. Wird sich das Buch verkaufen? Wenn ja, wie viele Exemplare kann ich verkaufen? Wie viele Exemplare muss ich verkaufen, um zumindest die Kosten zu decken?

Die Antwort auf diese Fragen? ES GIBT SIE NICHT! Es ist, was es ist: Ein Sprung ins kalte Wasser.

Meine Empfehlung: Wenn du den Sprung wagst, dann nur, wenn du bereit bist, die ausgegeben Gelder zu verlieren. Am besten setzt du ein Budget fest, mit dem du das Buchprojekt realisieren möchtest und auf das du im schlechtesten Fall verzichten musst.

Dieses unternehmerische Risiko ist eine große Hürde, andererseits ergeben sich daraus auch Vorteile.

1.5. Vorteile des Selfpublishing

Die Vorteile liegen auf der Hand: Du bist dein eigener Chef!

  • DU entscheidest über deinen Schreibstil.
  • DU entscheidest, wie das Buch gestaltet wird.
  • DU entscheidest über das Format des Buches.
  • DU suchst das Druckpapier aus.
  • DU setzt den Verkaufspreis fest.
  • DU entscheidest, auf welchen Kanälen das Buch verkauft wird.

Selfpublishing ist der einzige Weg, dein Buch so zu kreieren, wie du es dir vorstellst – vom Anfang bis zum Ende. Das ist doch dein Traum, richtig?

Vorteile des Selfpublishing

1.6. Wieso habe ich mich für das Selfpublishing entschieden?

Im Grunde fiel meine Entscheidung, das Buch selbst zu verlegen, sehr schnell, und zwar aus folgenden Gründen:

  • Abtretung der Rechte: Ich habe mein ganzes Herzblut in dieses Projekt gesteckt. Das Buch ist mein Baby. Der Gedanke, sämtliche Rechte darauf an einen x-beliebigen Verlag zu verkaufen war und ist für mich unvorstellbar. Noch dazu für eine lächerliche Summe, die nicht einmal den Einsatz gebührend entlohnt.
  • Gestaltung: Wenn du vor hast, ein Buch zu schreiben, hast du sicherlich schon eine Idee, wie es am Ende aussehen soll. Das ging mir genauso. Der einzige Weg, diesem Wunsch gerecht zu werden, ist es selbst zu machen mit Unterstützung professioneller Dienstleister.
  • Risikobereitschaft: Da sich die Erstellung eines Outdoor-Guidebooks über Jahre hinzieht, hatte ich Zeit, mich auf die erforderlichen Investitionen vorzubereiten. Ich habe also bewusst versucht, Geld für dieses Projekt auf die Seite zu legen. Das Risiko, dass mein Buch ein Flop sein könnte, war mir immer bewusst und ich bin es eingegangen.
  • Hoffnung: Irgendwo im Unterbewusstsein besteht immer Hoffnung, dass das Projekt auch wirtschaftlichen Erfolg bringt oder zumindest die Kosten deckt. Ich habe zwar versucht, diesen Gedanken immer sofort zu verdrängen, da ich Angst habe, im Falle eines Flops noch enttäuschter zu sein. Aber mal ehrlich: Wenn du ein geniales Produkt erstellst und es irgendwie schaffst, es zu veröffentlichen, wieso sollte es sich nicht verkaufen?
Wieso habe ich mich für das Selfpublishing entschieden?

2. Book on Demand bzw. Print on Demand

Mittlerweile liest und hört man viel von „Book on Demand“ oder „Print on Demand“. Es gibt zahlreiche Anbieter wie Amazon (KDP Publishing) oder BoD. Das Konzept klingt logisch: Das Buch wird nicht tausendfach gedruckt mit dem Risiko, auf den unverkauften Büchern sitzen zu bleiben, sondern es wird erst gedruckt, sobald eine entsprechende Bestellung vorliegt. Ermöglicht wird dies durch das Digitaldruckverfahren, das im Gegensatz zum Offsetdruck auch bei niedrigen Stückzahlen wirtschaftlich sinnvoll ist.

Das Problem ist allerdings, dass vor allem für farbige Seiten, wie sie in einem Wander- bzw. Reiseführer natürlich vorkommen, der Druckpreis sehr hoch ist im Vergleich zum Offsetdruck. Laut aktuellen Preisen würden sich die Druckkosten für meinen Wanderführer „Wundriges Südtirol“ bei Amazon auf rund 17 Euro belaufen. Bei reinen schwarz-weiß Drucken halten sich die Druckkosten hingegen in Grenzen: Der Wanderführer in schwarz-weiß würde rund 4 Euro kosten.

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Quelle: https://kdp.amazon.com/de

Bei Druckkosten von 17 Euro/Buch müsste ich den Verkaufspreis des Buches bei etwa 40 Euro festsetzen, was selbstverständlich viel zu hoch wäre. Mein Fazit: Book on Demand bzw. Print on Demand ist für ein Textbuch in schwarz-weiß durchaus sinnvoll, nicht aber für Bücher mit Bildern, also beispielsweise Reise- bzw. Wanderführer.

Ich hoffe dieser Beitrag enthält die eine oder andere nützliche Information für dich. Hast du noch Fragen oder Anmerkungen? Dann schreib mir auf [email protected] – ich freu mich drauf!